
Der Bär „Bruno“, der durch seinen Abschuss Ende Juni zu trauriger Berühmtheit gelangte, galt als „Problembär“. Sein Verhalten hatte er von seiner Mutter Jurka gelernt. Sie wird deshalb ebenfalls als problematisch eingeschätzt.
Aus diesem Grund empfahlen dieselben österreichischen Bärenexperten der Umweltorganisation WWF, die schon den Abschuss von „Bruno“ befürwortet hatten, bei einem Koordinationstreffen für ein alpenweites Bärenmanagement in der vergangenen Woche in Trient die Tötung der Bärin. Sie würde, so die Begründung, auch ihre derzeitigen Jungtiere zu potentiellen „Problembären“ erziehen. Dies berichtet die Münchener Naturschutzorganisation „Pro Wildlife“. Obwohl der Abschuss von „Bruno“ rechtlich hoch bedenklich war, haben die Beteiligten offenbar wenig dazugelernt“, kritisiert Pro-Wildlife-Sprecherin Sandra Altherr. „Erneut will man einen Bären töten, der keinem Menschen etwas getan hat, und begründet dies als notwendige Sicherheitsmaßnahme.“
Mit Gummigeschossen verscheuchtJurka, so „Pro Wildlife“, wurde 1998 in Slowenien geboren und 2001 nach Italien umgesiedelt, um die dortige Braunbärpopulation zu stärken. Im Trentino wurde sie mit falschen Abwehrmaßnahmen erzogen: Wenn sie Schafe riss und an den gleichen Ort zurückkehrte, wurde sie mit Gummigeschossen und Knallkörpern verscheucht. Sie lernte folgerichtig,
nie an einen Ort zurückzukehren, sondern weiter zu ziehen. Auch „Bruno“ zeigte dieses Verhalten, was sein Einfangen und präventives Vergrämen erschwert hatte. Auch konnte er nicht mit einem Sender versehen werden, der seine Annäherung an Bauernhöfe anzeigen könnte.
Reviertreues WeibchenAllerdings vertreten die für den Bären-Managementplan in Italien zuständigen Zoologen eine andere Position: Sie wollen Jurka einfangen und mit einem Sender versehen. Gegebenenfalls soll sie in ein „Bärenheim“ verbracht werden. Dem schließt sich auch das für den Abschuss von „Bruno“ verantwortliche bayrische Umweltministerium an. „Wir können nicht über eine in Italien lebende Bärin befinden“, erklärt Ministeriums-Pressesprecher Roland Eichhorn. „Sie sollte aus der
Wildnis genommen oder so effektiv vergrämt, dass sie menschliche Ansiedlungen meidet.“ Außerdem sei Jurka als Weibchen reviertreu, deshalb sei ein Einwandern auf weiß-blaues Hoheitsgebiet nicht zu erwarten.
Problematisch aber, so Eichhorn weiter, könnte sein, dass sie ihr Verhalten an den nächsten Wurf weitergibt. Ihr männlicher Nachwuchs würde dann mit der Fehlkonditionierung auf Wanderschaft gehen und Menschen gefährden. „Sollten die Tiere dann wieder nicht zu fangen und mit Sendern auszustatten sein, wird als ultima ratio der Abschuss angedacht werden müssen“, konstatiert Eichhorn, „denn oberstes Gebot jedes Management-Plans ist, dass Menschenschutz vor Tierschutz geht.“
Quelle:
Focus Online